Das Bundesministerium für Gesundheit will dem Notstand in deutschen Pflegeeinrichtungen entgegensteuern. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn stellte hierzu vergangene Woche sein Eckpunktepapier in Berlin vor.

Wenn der Job zur Belastung wird – Arbeit in der Pflege

Wir sind Mutter, Vater, Pflegekräfte, Psychologen, Ärzte – das alles zusammen.“ Vom Gang zur Toilette über die seelische Betreuung und Unterhaltung bis hin zur ärztlichen Versorgung – das alles fällt in die Aufgaben einer Pflegefachkraft. Ein abwechslungsreicher und erfüllender Sozialberuf, der aber zugleich viel Verantwortung, Geduld und Kraft von den Pflegekräften fordert.

Berufen in der Pflege haftet ein nervenstrapazierender Charakter an. Nur so ist zu erklären, dass derzeit laut Bundesregierung mehr als 35.000 Pflegestellen in Deutschland nicht besetzt sind. Zu dem Kräftemangel kommt außerdem eine hohe Arbeitsverdichtung in den Pflegeeinrichtungen. Schade, wo doch gerade in unserer älter werdenden Generation, dringend auf entsprechendes, qualifiziertes Personal angewiesen ist.

Rettung naht?! – Spahns Sofortprogramm für Gesundheit und Pflege

Die Politik habe diesen Notstand erkannt, erklärte der Gesundheitsminister Jens Spahn vergangene Woche bei der Vorstellung seines Eckpunkteplans für eine neue Gesetzesregelung: „Das ist eine erste, wichtige Maßnahme, um die Vertrauenskrise in der Pflege zu überwinden.
Der Aktionsplan konzentriert sich vor allem auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Verbesserung von Arbeitsbedingungen, um den Beruf in der Pflege wieder attraktiver zu machen:

Schaffung von 13.000 neuen Stellen in der Altenpflege

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung waren ursprünglich 8.000 neue Arbeitsplätze in der Altenpflege vorgesehen. Spahn fordert nun sogar 13.000 neue Stellen. Die Besetzung der Stellen soll anteilig nach der jeweiligen Bewohnerzahl auf sämtliche Pflegeeinrichtungen verteilt werden.

Bessere Arbeitsbedingungen für Arbeitskräfte

Um alle Stellen zu besetzen, will Spahn neben finanziellen Anreizen, wie der vollständigen Kostenübernahme von Tarifsteigerungen in der Krankenpflege durch die Krankenkasse, die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte optimieren. Die Vereinbarkeit von Job und Familie sowie betriebliche Gesundheitsförderung sind hier ein Thema. Besonders Mütter sollen in den Betreuungsangeboten während ihrer Arbeitszeit finanziell unterstützt werden und so zur Work-Life-Balance beitragen.

Ausbau der Betrieblichen Gesundheitsförderung

Neben psychischer Anstrengung sind Pflegekräfte auch hohen physischen Belastungen ausgesetzt. Schwere körperliche Aktivität gehört zu ihrem Berufsalltag. Daher fordert Spahn in seinem Eckpunktepapier die finanzielle Unterstützung von Angeboten zur Gesundheitsförderung in Pflegeeinrichtungen. So soll die Gesundheit der Arbeitnehmer gesichert werden. Die zusätzlichen Kosten für die Subventionierung der Betrieblichen Gesundheitsförderung beläuft sich auf mehr als 70 Millionen Euro jährlich.

 

Kosten von einer Milliarde Euro pro Jahr

Insgesamt entstehen durch den Aktionsplan Mehrkosten von etwa einer Milliarde Euro jährlich. Diese sollen hauptsächlich von den Überschüssen der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden. Die zusätzlichen Stellen, versprach der Bundesminister, finanziere vollständig die Krankenversicherung, so dass die Kliniken nicht unter Mehrausgaben zu leiden haben.
Im Gegenteil will Spahn die Pflegekräfte mit der Bereitstellung von diversen digitalen Möglichkeiten bei der Erledigung von bürokratischen Aufgaben zudem entlasten.

Keine Lösung – Harsche Kritik am Sofortprogramm

Zwar sei das Programm ein erster Schritt in die richtige Richtung; es reiche aber bei Weitem nicht aus, ertönen viele kritischen Stimmen, besonders aus der Pflegebranche und Sozialverbänden. Hochgerechnet erhalte jede Pflegeeinrichtung gerade mal 0,5 zusätzliche Vollzeitstellen. „Die großen Probleme Personalmangel und Bezahlung in der Altenpflege werden mit Spahns Aktionsplan nicht gelöst“, bemerkte Bundesvorstandsmitglied der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi Sylvia Bühler. Und auch Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK, fordert mindestens fünf weitere Vollzeitstellen pro Einrichtung, um die derzeitige Situation zu verbessern.

Spahn dagegen sieht den Aktionsplan als „ersten wichtigen Baustein“ zur Verbesserung der Pflegebranche: „Dieses Sofortprogramm soll die klare Botschaft senden: Ja, es ist verstanden. Wir wollen dem Notstand gegensteuern“, so der Bundesgesundheitsminister. Bereits zum 1. Januar 2019 soll die neue Gesetzesregelung in Kraft treten.




Weiterführende Literatur:

Bundesministerium für Gesundheit: Sofortprogramm Kranken- und Altenpflege.

Bundesministerium für Gesundheit: Arbeitsentwurf: Sofortprogramm Pflege Eckpunkte.

RP Online: Pläne von Minister Spahn.

Tagesspiegel: Pflegenotstand.

Berliner Zeitung: Sofortprogramm in der Pflege.

Frankfurter Rundschau: Pflege-Sofortprogramm.


Bildernachweis:
Urheber: Matthias Zomer/Pexels (Foto)