Was ist Technostress?

In einer Welt, die ständig vernetzt und online ist, kann es schwer sein, dem Drang zu widerstehen, ständig auf die digitalen Geräte zu schauen. Ob beruflich oder privat, Smartphones, Tablets und Computer sind aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken und allgegenwärtig. Doch genau diese permanente Erreichbarkeit und die ständige Informationsflut können signifikanten Stress verursachen und unser Wohlbefinden beeinträchtigen. Dieser Stress, der mit der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) einhergeht, wird in der Wissenschaft als „Technostress“ bezeichnet. Der Begriff wurde bereits 1984 von dem Psychologen Craig Brod geprägt und beschreibt eine moderne Erkrankung, die in der Unfähigkeit besteht, mit Informations- und Kommunikationstechnologien in einer gesunden Weise umzugehen. Laut einer AXA-Studie nahm sich jede fünfte Person vor, 2023 weniger Zeit am Bildschirm zu verbringen. Eine weitere Studie zeigt jedoch, dass vor allem junge Menschen mit mehr als 12 Stunden fast den ganzen Tag online sind. Doch wie viel Bildschirmzeit ist eigentlich noch gesund? Und welche Maßnahmen können wir ergreifen, um die Zeit im Rahmen zu halten?

In der digitalen Welt sind Klicks und Verweildauer der Nutzer die Hauptwährung

Das Hauptziel vieler digitaler Plattformen besteht darin, Nutzer kontinuierlich anzuziehen, zu engagieren und zu motivieren, so viel Zeit wie möglich auf ihren Plattformen zu verbringen. In der digitalen Welt sind Klicks und Verweildauer der Nutzer die Hauptwährung, weshalb die gezielte Ansprache von Bedürfnissen und Emotionen bei den Nutzern von höchster Bedeutung ist. Die Universität Bonn hat sich einmal mit der Frage beschäftigt, wie oft wir im Durchschnitt unser Smartphone entsperren. Das Ergebnis lautete: 88-mal am Tag! Wenn wir 16 Stunden am Tag wach sind, bedeutet das, dass wir im Durchschnitt alle 11 Minuten unser Smartphone entsperren. Es ist offensichtlich, dass ein solches Verhalten die Konzentration erheblich beeinträchtigen kann.

Studien haben beispielsweise ergeben, dass eine konzentrierte Arbeitsphase, in der wir uns voll und ganz auf eine Aufgabe konzentrieren (die sogenannte Flow-Phase), nur entstehen kann, wenn unsere volle Aufmerksamkeit für 10-15 Minuten auf eine Sache gerichtet ist. Nach jeder Ablenkung benötigen wir erneut 10-15 Minuten, um die Chance auf eine Flow-Phase zu haben. Wenn wir aber im Durchschnitt alle 11 Minuten unser Smartphone entsperren, kommen wir dann überhaupt noch zum effektiven Arbeiten? Die Begrenzung der Handynutzung und aller anderen störenden digitalen Kanäle scheint also eine wichtige Maßnahme, um die eigene Produktivität zu sichern. Hier kommt die Idee des Digital Detox ins Spiel – eine bewusste Auszeit von der digitalen Welt, um Stress abzubauen, Ablenkungen zu vermeiden und die eigene Produktivität zu steigern.

Digitale Dauerbeschallung

Der ständige Gebrauch von digitalen Geräten führt also dazu, dass wir unsere Aufmerksamkeit permanent aufteilen und selten wirklich nur bei einer Sache sind. Dadurch finden wir selbst nie wirklich zur Ruhe, und mittel- bis langfristig leiden nicht nur unsere Produktivität und die Qualität unserer Arbeit, sondern auch unsere Gesundheit darunter. Der Stressfaktor „digitale Dauerbeschallung“ äußert sich meist auf zwei Arten. Entweder handelt es sich um eine technische Überforderung (Technofobie) oder um eine übertriebene Nutzung (Technosucht). Neben Stress und Konzentrationsproblemen sind auch Schlafstörungen, soziale Isolation, depressive Störungen bis hin zum Burn-Out verbreitete Symptome. Aber auch physische Reaktionen wie schlechte Körperhaltung und Muskelverspannungen sind häufig zu beobachten.

Digital Detox – ganz oder gar nicht?

Eine digitale Auszeit kann also helfen, den Stresspegel zu senken und das Wohlbefinden zu steigern. Aber einmal im Jahr während des zweiwöchigen Urlaubs das Telefon auszustellen ist wenig hilfreich, wenn man danach wieder in alte Gewohnheiten verfällt. Sich im Alltag seinen Medienkonsum bewusst zu machen und bewusst Freiräume zu schaffen ist vielmehr der Weg zu mehr Ausgeglichenheit. Mit Digital Detox ist also das neue Erlernen eines bewussten und gesunden Umgangs mit digitalen Medien gemeint.

Hier sind einige Tipps, wie Sie es am besten angehen:

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Klare Ziele setzen:
Bevor Sie mit Ihrem Digital Detox beginnen, sollten Sie sich klare Ziele setzen. Überlegen Sie zuerst, welche Aspekte Sie reduzieren oder eliminieren möchten in Ihrer digitalen Medien-Nutzung. Möchten Sie weniger Zeit in sozialen Medien verbringen? Oder möchten Sie Ihre E-Mails nur zu bestimmten Zeiten überprüfen? Definieren Sie klare Ziele, um den Erfolg messbar zu machen.

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Digitale Freiräume schaffen:
Schaffen Sie bewusst digitale Freiräume in Ihrem Alltag. Das bedeutet, bestimmte Zeiten oder Orte zu wählen, an denen Sie keine digitalen Geräte verwenden. Dies kann beispielsweise das Abschalten von Smartphones und Tablets während des Essens oder vor dem Schlafengehen sein.

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Benachrichtigungen reduzieren:
Deaktivieren Sie unnötige Benachrichtigungen auf Ihren Geräten. Die ständigen Unterbrechungen durch Benachrichtigungen können Stress verursachen und die Produktivität beeinträchtigen. Erlauben Sie nur Benachrichtigungen, die wirklich wichtig sind.

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Lossagen vom Druck sofort antworten zu müssen:
Laut einer Studie der LMU-München erwarten 57 Prozent der Handynutzer eine Reaktion auf Nachrichten innerhalb weniger Minuten. Die ständige Erreichbarkeit bringt also auch Druck mit sich, schnell auf Nachrichten reagieren müssen. Machen Sie sich davon frei. Lesen Sie E-Mails nur einmal am Tag und passen Sie die Einstellungen an Ihrem Handy an, indem Sie Lesebestätigungen deaktivieren. Das senkt über kurz oder lang auch die Erwartungen der anderen.

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Vermeidung von technischem Multitasking:
Fokussieren Sie sich auf eine Aufgabe. Bei der Arbeit heißt das, schließen Sie unnötige Bildschirmfenster und legen Sie klare Erreichbarkeitszeiten fest, wenn Sie Online-Tools nutzen.

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Hin und wieder Flugmodus einschalten:
Das Handy in den Flugmodus zu stellen oder ganz auszuschalten ist natürlich die effektivste Möglichkeit, um Offline-Zeiten zu etablieren und einzuhalten. Wem es besonders schwerfällt, das Handy aus der Hand zu legen, der kann sich mit dieser zusätzlichen Hürde gut selbst austricksen.

Jeder Anfang ist schwer…

Der Übergang zu einem digital reduzierten Leben kann anfangs schwierig sein, denn langjährige Gewohnheiten zu durchbrechen ist nicht von heute auf morgen getan. Geben Sie sich Zeit, sich daran zu gewöhnen. Das Wichtigste ist, auf Ihr Wohlbefinden zu achten. Digital Detox kann eine befreiende Erfahrung sein. Sie arbeiten wieder effektiver und konzentrierter und können fühlbar Stress abbauen, indem Sie bewusst Grenzen setzen und sich auf das konzentrieren, was wirklich zählt. Gönnen Sie sich diese Auszeit von der digitalen Welt – Ihr Geist und Körper werden es Ihnen danken.

Bleiben Sie entspannt und bleiben Sie gesund!

Ihr Team VisionGesund.







Weiterführende Literatur:

Bundesinstitut für Berufsbildung: Technostress, Persönlichkeit und die Folgen von Technostress

Forschung und Lehre: Technostress Wie (un-)gesund ist digitale Arbeit?

AXA Pressemitteilungen: Digital Detox – Jede:r Fünfte nimmt sich für 2023 vor, weniger Zeit am Bildschirm zu verbringen

American Psychological Association: APA’s Survey Finds Constantly Checking Electronic Devices Linked to Significant Stress for Most Americans

Universität Bonn: Wie Handys zum “digitalen Burnout” führen

National Library of Medicine: The “online brain”: how the Internet may be changing our cognition

 

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